© K. Meyer

Unterwegs auf Klettersteigtour in den Sextener Dolomiten (09.07. – 15.07.2022)

„Dolomiten ohne Grenzen“ ist ein Klettersteig-Höhenweg der in neun Tagesetappen Provinz-, Staats- und Sprachgrenzen überwindet. Die Route verläuft zu einem großen Teil auf historischen Kriegssteigen entlang der Frontlinie des Ersten Weltkriegs und wurde hundert Jahre nach dessen Ende mit Hilfe eines EU-Projekts als Klettersteigfriedensweg eröffnet. – Quer durch die Sextener Dolomiten und entlang des Karnischen Kamms. Bei der von uns geplanten Route haben wir uns auf die Etappen durch die Sextener Dolomiten beschränkt.

Auf Tour – Jürgen Meyer, Wolfhard Schwarz, Martina Dembny, Kerstin Meyer, Christina Dembny, Uwe Dembny (von li. nach re.)

Aus dem nahegelegenen Ahrntal kommend, trafen wir (Jürgen und Kerstin) uns in Moos/Sexten am Rotwandparkplatz mit unserem Tourenleiter Wolfhard, Martina, Uwe und Christina, um nach einer kurzen, aber teuren Busfahrt zum Fischleinboden gemütlich zur Talschlusshütte zu gehen.

So wanderten wir am nächsten Tag, einem Sonntag, ausgeruht in Richtung Drei-Zinnen-Hütte, in der wir auch die kommende Nacht verbringen wollten. Trotz des eher kühlen Wetters und ein paar Regentropfen hier und da war die Hütte wie erwartet proppenvoll. Also regulierten wir draußen – teilweise zitternd trotz mehrerer Jacken – unseren Flüssigkeitshaushalt und machten uns auf den Weg zum Toblinger Knoten, den wir über den Klettersteig besteigen wollten.

Das Wetter wurde nicht schlechter und uns langsam wärmer. Das könnte an dem knackigen Einstieg und den 17 Leitern gelegen haben… Oben angekommen bot sich uns ein toller Ausblick zur Drei-Zinnen-Hütte und ihren Zinnen und auch den Paternkofel, der am nächsten Tag auf dem Programm stand, nahmen wir in Augenschein.

Am Abend in der Hütte war die untergehende Sonne auf den Zinnen das Highlight!

Auf dem Weg zum Paternkofel tappten wir als erstes gebückt durch einen stockdunklen Erste-Weltkriegsstollen, der für uns dank der Stirnlampen gut zu meistern war. Wie musste das nur vor gut 100 Jahren im Krieg gewesen sein? Immer wieder begegneten uns in den nächsten Tagen Zeichen des Kampfes auf den verschiedenen Steigen: Kavernen, Stacheldraht, verrostete Hülsen, …

WIR mussten uns zum Glück nur aufs Klettern konzentrieren und nicht um unser Leben fürchten…

Bis auf ein oder zwei C-Stellen war der Klettersteig am Paternkofel gut zu meistern und wir erreichten den Gipfel mit seinem eindrucksvollen Kreuz, das den leidenden Jesus zeigt.

Als wir von der Gamsscharte noch einmal hoch zum Gipfel blickten, wurde es dort immer voller – alles richtig gemacht!

 

An der Büllelejoch-Hütte angekommen, gingen einige von uns noch auf die Oberbachernspitze, bevor wir uns ganz dem Charme der Hütte und dem leckeren Abendessen ergaben.

Für den guten Schlaf gab es einen Enzian (dann geht auch der Hütten-Name leichter von der Zunge), aber da wir eine senkrechte Leiter zu unserem Lager erklimmen mussten, wollten wir noch einen klaren Kopf bewahren.

Am nächsten Tag, Dienstag, stand nach einem Top-Frühstück die Umrundung des Zwölferkofels mit Übernachtung in der Zsigmondy-Hütte an. Wie sich später herausstellen würde, war das mit 9,5 Std. unsere Königsetappe!

 

Natürlich braucht man mit einer Gruppe von sechs Personen für einen Klettersteig mehr Zeit, aber mit der notwendigen Querung eines vereisten Schneefeldes und der doch ordentlichen Länge des nicht immer einfachen Severino Casara-Klettersteigs hatten wir nicht gerechnet! Da wir weder Steigeisen oder Grödel noch einen Pickel dabei hatten, musste uns Wolfhard mit seinen Füßen in Liegestützposition die angedeutete Trittspur zur anderen Seite „aushauen“… Das dauerte eine gefühlte Ewigkeit und deformierte Wolfhards Zeh etwas, aber wir konnten so einigermaßen sicher auf die andere Seite queren. Danke! Mir bescherte diese Stelle trotzdem den Maximalpuls unserer Tour…

Eigentlich dachten wir, damit hätten wir den Tag quasi gemeistert, aber der Steig zog und zog sich. Kurz bevor wir als geplanten Zwischenstopp die Carducci-Hütte endlich erreichten, sagten wir in der Zsigmondy-Hütte Bescheid, dass wir noch zum Abendessen kämen, aber etwas später…

Für eine Pause war allerdings keine Zeit mehr. Noch zwei Anstiege und eine Geröll-Abfahrt erwarteten uns, bevor wir gegen 19.30 Uhr endlich an UNSERER Hütte waren. Den ersten Schluck Radler tranken wir im Stehen mit dem Rucksack auf dem Rücken…

Am Mittwoch wollten wir über den Alpini-Steig zur Talschlusshütte gehen. Nach der kräftezehrenden Runde vom Vortag teilten wir uns auf: die einen wollten einfach gemütlich zur Hütte wandern und ein bisschen ausruhen, während wir uns zu dritt auf den Alpini-Steig begaben.

Der Alpini-Steig war in leichtem Auf und Ab toll zu gehen und wieder begegnete uns Kriegsgeschichte hautnah. Wir wählten den Abstieg von der Sentinella-Scharte zur Talschlusshütte. Hier wurde es knackiger – anfänglich ging es im Klettersteig steil bergab und später kämpften wir uns durch ein langes Geröllfeld, bei dem man (oder ich) nicht wusste, ob man rutschen oder vorsichtig tapsen sollte. Zum Schluss latschten wir gefühlt endlos und heiß durch… Latschen! Endlich an der Talschlusshütte angekommen musste als erstes wieder unser Allheilmittel her: Radler! Drei Radler später tauchte dann auch die Sextener Shopping-Fraktion auf😉 und wir beschlossen, unsere letzte Tour am Donnerstag von der Länge her anzupassen (9h waren geplant, die wieder den Abstieg vom Vortag beinhalteten) und die Rotwandbahn zu Hilfe zu nehmen.

 

Am nächsten Morgen wanderten wir gemütlich hinunter zum Rotwand-Parkplatz und fuhren noch gemütlicher ein Stück mit der Rotwand-Kabinenbahn zu den Rotwandwiesen hinauf. Heute sollte es der Gipfel der Rotwand über den Klettersteig entlang der Rotwandköpfe werden. Aber die letzten Tage hatten uns doch beansprucht, so dass wir ab den verfallenen Baracken am unteren Wurzbach schließlich nur noch zu zweit weiter auf den Gipfel stiegen. Das Wetter war unbeständig, aber ich vertraute auf Wolfhards Prognose: „Das hält!“ Er behielt recht und wir erreichten in der uns gesetzten Zeit den Gipfel.

Nach dem Abstieg über den Burgstall erwarteten uns die anderen an der Rotwandwiesen-Hütte bei strahlendem Sonnenschein und bevor wir uns mit der Bahn wieder ins Tal begaben, war auch noch Zeit für ein durststillendes Radler!

Am letzten Abend gönnten wir uns den „Drei-Zinnen-Nachtisch“ in der sehr zu empfehlenden Talschlusshütte, der deutlich schmackhafter war als die Drei-Schmelzkäseecken-Formation zum Frühstück in der Zsigmondyhütte (trotzdem schöne Hütte) …

Mein Fazit: Eine super Tour mit einer sehr netten Truppe in einer tollen Gegend – Südtirol wird mich noch häufiger sehen und das nicht nur wegen der Kaffeespezialitäten! 😊

Kerstin Meyer