Carlo Valentini | © Kerstin Meyer

Klettersteigtour Dolomiten (Juli 2024)

08.10.2024

Starring: Wolfhard, unser Super-Guide und Tourenplaner, Peter, Eberhard, Arnim und Elke, Ioana, Anke, Jürgen und Kerstin.

Am Dienstagabend des 23. Juli 2024 trafen wir in unserer Luxus-Unterkunft, dem Rifugio Carlo Valentini am Passo Sella auf 2.218 m Höhe ein. Ohne mühsamen Zustieg konnten wir diesmal entspannt bis vor die Haustüre fahren und unsere Autos auf dem hauseigenen Parkplatz abstellen. Dann ging es an die Zimmerverteilung. Jürgen hatte das große Los gezogen – er durfte sich mit drei Frauen das Zimmer teilen. Allerdings war seine eigene auch dabei! Zum Running-Gag wurde der Spruch: Was in der (Nr.) 11 passiert, bleibt in der 11! Definitiv gibt es jetzt einen Frauen-Versteher mehr auf der Welt… 

Am nächsten Morgen stand der Furcela-de-Saslonch-Klettersteig als gemütlicher Einstieg an. Da dieser wirklich gut machbar war, speckten wir noch die halbe Langkofel-Umrundung an. Von der Toni-Demetz-Hütte, wo der Klettersteig endete, versuchten wir schnell wegzukommen, weil diese der Knotenpunkt für viele Touristen war. Tja, wo es schön ist, ist‘s auch oft voll. 

Am Donnerstag fuhren wir zeitig mit der kleinen Standseilbahn in die Langkofelscharte und stiegen an der „Demenz“hütte aus (nicht jeder konnte sich den korrekten Namen merken😉). Wir wanderten dieses Mal wesentlich einsamer in Richtung Langkofelhütte, um dann über das Plattkofelkar den Einstieg zum Oskar-Schuster-Klettersteig zu erreichen. Nachdem wir das Schneefeld am Einstieg umklettert hatten, war auch dieser Klettersteig nicht allzu schwierig. Nach dem Gipfel des Plattkofels und einer Pause auf der Plattkofelhütte führte uns der Rückweg nun über den Friedrich-August-Weg westlich um die Berge zurück.

Für Freitag war einer der ältesten Klettersteige Südtirols, der Pößnecker-Klettersteig (von 1912 und 2022 saniert) geplant. Mit C/D-Stellen und unversicherter Kletterei im II. Grad wurde es nun etwas anspruchsvoller als an den Tagen zuvor. Doch wir erreichten sicher den Gipfel des Piz Selva und nahmen auf dem Rückweg auch noch den des Piz Miara mit. Das überwiegend felsige Plateau zwischen den Gipfeln war teilweise in Wolken eingehüllt, die immer wieder neue Blicke freigaben, teilweise bis zum Piz Boé, und anderes schnell verschwinden ließen. Das Highlight bot sich uns aber in tierischer Form als wir in Richtung Val Lasties abstiegen, nachdem wir noch ca. 100 Hm über Seilversicherungen abklettern mussten.

Nach einem erfrischenden Fußbad in einem Bächlein, zog ein recht zutrauliches Murmeltier unsere Blicke auf sich. Weder pfiff es, noch entfernte es sich, so dass wir bis auf ein paar Meter an es herankamen. Nachdem Anke ihren Nussvorrat auspackte, verlor es auch die letzte Zurückhaltung und ließ sich von uns füttern und streicheln. Vermutlich hatte es damit nicht zum ersten Mal Erfolg! Noch im Bann dieses Erlebnisses verpassten wir fast den richtigen Abzweig, der uns zur Bushaltestelle in Richtung Sellajoch brachte. Die letzten Kilometer konnten wir uns fahren lassen.

Dies erwies sich für die am Samstag anstehende Tour als gute Idee, denn da steigerte sich die Schwierigkeit und der Konditionsanspruch nochmals: Auf dem Programm stand der Klettersteig Cesare Piazetta. Obwohl von Wolfhard mit der Schwierigkeit C bezeichnet, fanden wir in der Internet-Literatur nur die Kategorisierung D, angeblich sogar mit einer D/E-Stelle (was ich zum Glück aber erst hinterher erfuhr). Gut, D hielten wir evtl. für machbar, also ran ans Werk. Schon im Einstieg zeigte der Klettersteig, wo der Frosch die Locken hat… Eigentlich wollte ich in der Senkrechten am Stahlseil hängend, ohne Tritte, schon aufgeben, da rief Anke: „Du hast es doch schon fast geschafft!“ so dass ich all meine Armkraft zusammennahm und mich hochzog. Das war die schlimmste Stelle, danach war es manchmal nur „nicht ganz ohne“ (Zitat von Wolfhard), aber für uns alle machbar. Kurz vor Schluss wurde es noch einmal tricky. Die Italienerin, die schon in der Einstiegswand nicht ohne Hilfe vorwärtskam, hing auch zum Schluss an einer kleinen Nase fest. Beim dritten Versuch schaffte sie es mit der Hilfe ihres Freundes, der ihre Füße von unten an die richtigen Stellen hob und schob. Sonst hätte Wolfhard auch sein Hilfsseil parat gehabt, das WIR zum Glück nicht benötigten. Etwas in Wolfhards Blick sagte uns, dass er ganz zufrieden mit seiner Truppe war…

Ziemlich platt trafen wir am Gipfel des Piz Boé ein, wo Peter und Jürgen schon auf uns warteten. Sie hatten den Normalweg gewählt. Zurück ging es über den Weg 672 an der Franz-Kostner-Hütte vorbei, bis wir wieder an unserem Parkplatz an der Kriegsgräberstätte am Pordoijoch eintrafen.

Nach diesem Tag waren wir uns einig, dass wir die am nächsten Tag anstehende, fast zehnstündige Tofana-Überschreitung, exklusive An- und Abfahrt, nicht schaffen würden. Alternativ wählten wir den Aufstieg auf den Sass Rigais – immerhin nur 7h insgesamt… Mit der Gondelbahn schaukelten wir bis zum Col Raiser und wanderten an der Regensburger Hütte vorbei, zunächst recht gemütlich durch eine hübsche Almlandschaft. Es folgte ein mühsamer, langer Anstieg durch viel Geröll und Schotter in der Scharte zwischen Sass Rigais und Furchetta. Erst einmal am Einstieg angekommen, ging es dann zügig und in angenehmer Kletterei bis zum Gipfel. Zurück kletterten wir über den Klettersteig der Süd-West-Flanke ab. An der Regensburger Hütte mussten wir dringend unseren großen Durst löschen, bevor wir wieder ins Tal zu unseren Autos gondelten. Wieder ein mega Tag, aber ein Ruhetag war das nicht wirklich… Einige von uns hatten ja noch eine Hochtourenwoche im Berner Oberland vor sich…

Deshalb konnte Wolfhard uns am nächsten und letzten Tag zu quasi nichts bewegen. Nur Jürgen, Arnim und Wolfhard ließen sich den nahegelegenen Col-Rodella-Klettersteig nicht entgehen. Wir begnügten uns damit, sie zum Einstieg zu begleiten und am Gipfel auf der Terrasse des Rifugio Col Rodella mit einem Getränk zu empfangen.

Neben den körperlichen Anstrengungen kam das leibliche Wohl nicht zu kurz. Jeden Abend wurden wir in unserem Rifugio mit mindestens 3 Gängen verwöhnt. Zum Glück wurden die meisten von uns davon mehr als satt, so dass wir unserem hungrigen Eberhard ab und an etwas zufüttern konnten… 

Es war wieder eine tolle Tour mit euch allen – mit euch komme ich an meine Grenzen und … überwinde sie!

Text: Kerstin Meyer